Hallo,
ich bin Melanie. Da ich nicht mehr sprechen kann haben meine Eltern, Assistentinnen und Freunde versucht in diesem Text meine Sicht der Dinge zu schildern.
Kurz vor meinem vierten Lebensjahr bekam ich im Juni 1989 plötzlich aus heiterem Himmel Fieber und einen starken Krampfanfall. Im Krankenhaus wurde eine Enzephalitis –Gehirnentzündung – diagnostiziert. Als ich aus der Klinik entlassen wurde, sah meine Welt total anders aus: ich konnte nicht mehr sprechen, hatte eine schwere Epilepsie und eine geistige Behinderung (wie man so landläufig sagt)
Anfangs war es superschwer für mich und meine Family. Plötzlich bin ich nicht mehr nur krank, sondern auch behindert. „Behindert“ – das klingt schon irgendwie heftig und schlägt erst mal viele Türen zu (eine inklusive Schule konnte sich damals z.B. noch niemand vorstellen). Aber ich habe zusammen mit meinen Eltern und vielen Unterstützern einen eigenen Weg gefunden, damit zu leben. Und wir haben ziemlich viel „umgekrempelt“.
Kindergarten
Als es mir wieder besser ging, stellten sich meine Eltern vor, dass ich doch wieder meinen alten Kindergarten besuchen könnte. Probeweise durfte ich wieder zusammen mit meiner Mutter in meine alte Gruppe. Das war echt gut und die Erzieherinnen konnten sich gut vorstellen, dass ich wieder zurückkomme, natürlich mit zusätzlicher Unterstützung. Aber das wurde von den verantwortlichen Stellen gekippt. Denen fehlte einfach die Fantasie dazu, sich so etwas vorzustellen.
Ich war dann von Ende 1990 bis zu meiner Einschulung in einer privaten Kindergruppe. Es klappte einfach ganz normal, manchmal improvisierte man halt ein bisschen, aber ich war überall dabei. Einige Freundschaften aus dieser Zeit existieren heute noch.
Schule
Zum Schuljahr 1992/93 wurde ich schulpflichtig. Klar, wohin der Weg gehen sollte, in die Sonderschule oder Förderschule wie heute politisch korrekt gesagt wird. Meine Eltern waren damit gar nicht einverstanden. Es gab richtig viel Ärger mit der Schulaufsicht. Meine Eltern fanden Kontakt zu anderen Eltern, die auch so denken wie sie, aber auch zu Lehrerinnen und Lehrern, die andere pädagogische Ideen hatten, als behinderte Kinder in die Sonderschule abzuschieben. Im April 1993 entstand daraus der Verein „Gemeinsam Leben – Gemeinsam Lernen. Integration statt Aussonderung“.
Also, wie ihr schon richtig vermutet, hat das dann mit der integrativen Schule geklappt. Ganz große Unterstützung gab es damals von Professor Rudi Krawitz, der dann über diese Zeit, in der auch der Schulversuch „Gemeinsamer Unterricht von Schülern mit und ohne Behinderung“ gestartet wurde, ein Buch herausgab. In diesem Buch mit dem Titel „Die Integration behinderter Kinder in die Schule“ schrieben auch meine Eltern und mein erster Lehrer, Jürgen Schall in einem Beitrag über ihre Erfahrungen.
Ich war dann in der Grundschule und danach in der Hauptschule immer in integrativem Unterricht. Das war nicht immer nur easy, aber unterm Strich echt gut. Und heute ist es an der IGS Gartenstadt (diese ist aus der Hauptschule entstanden) und auch in meiner alten Grundschule, der Erich-Kästner-Schule in Ludwigshafen ganz normal, dass behinderte und nichtbehinderte Schülerinnen und Schüler zusammen zur Schule gehen.
Nach der Schule
In der Schule haben dann meine Eltern, die Lehrer, Freunde und meine Integrationshelfer überlegt, was es für mich an Möglichkeiten nach der Schule gibt, außer in eine Tagesförderstätte zu gehen. Wir haben uns alle ganz schön ins Zeug gelegt, Ja, und dann ist dabei das rausgekommen, was ihr auf dieser Homepage nachlesen könnt (=Mein Projekt).
Wohnen
Und wie ihr euch vorstellen könnt, geht es noch weiter. Schließlich will man ja nicht ewig bei den Eltern wohnen. Heute lebe ich in einer Wohngemeinschaft, wo junge Menschen mit und ohne Behinderung zusammenleben. Die WG heißt IGLU, Inklusive WohnGemeinschaft LUdwigshafen. Aber das ist eine neue Geschichte. Könnt ihr nachlesen und anschauen unter
www.iglu.glgl-lu.de.
Ich freue mich übrigens auch ganz arg, wenn ihr mir mal schreibt.
Also dann macht´s mal gut
Tschüß